Hans-Jörg Bertschi: «Bundesrat soll Stärken der Schweiz in Waagschale werfen»
In einem Interview mit der «NZZ» greift Hans-Jörg Bertschi, Co-Präsident von autonomiesuisse und Verwaltungsratspräsident der Bertschi AG, ein heisses Eisen auf: Allein 2022 ist die Schweiz um 200'000 Personen gewachsen, was der Stadt Basel entspricht. Dennoch ist der Fachkräftemangel grösser denn je, während das Bevölkerungswachstum bei Infrastruktur, Land- und Immobilienpreisen an seine Grenzen stösst. «Die Schweiz muss prüfen, ob sie die Zuwanderung anders steuern kann», fordert Bertschi. Die Unternehmen würden profitieren, weil sie einfach Arbeitnehmende im Ausland rekrutieren könnten. Deshalb müsse die Wirtschaft einen Beitrag leisten, «damit mehr Bahnlinien, Strassen und Schulhäuser gebaut werden können». Darüber hinaus warnt Bertschi vor einem Schnellschuss bei erneuten Verhandlungen mit der EU. Die Bilateralen hält er zwar für ein Erfolgsmodell, ordnet sie aber ein: So sind etwa die Exporte in die USA mehr als doppelt so stark gestiegen wie jene nach Deutschland, seit die Verträge mit der EU bestehen. Zugleich profitiere die EU bei Handel, Dienstleistungen, Investitionen und Jobs für ihre Bürger mehr von der Schweiz als umgekehrt. Eine institutionelle Anbindung an die EU dürfe nicht so weit gehen, dass die direkte Demokratie und der Föderalismus ausgehebelt würden. «Mich erstaunt, dass der Bundesrat im Europabericht die heiklen innenpolitischen Fragen nicht einmal erwähnt», sagt Bertschi – und resümiert: Der Bundesrat solle die Sondierungen vorantreiben, aber die «demokratiepolitisch heiklen Punkte ansprechen» und die Stärken der Schweiz als innovativstes Land der Welt «in die Waagschale werfen».